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Wenn Hans-Peter Lehmann eine Oper inszeniert, kann das Publikum sicher sein, das Werk in der Epoche zu erleben, in der es stattfindet, weil jede Dichtung aus der Problematik ihrer Zeit entsteht und die ist in der gelangweilten Wohlstandsgesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts eine andere als in der Jetztzeit.

Allerdings brauchen männliche Wesen immer ihre Rangkämpfe und absolvieren sie mit Geweihen, Hufen, Fäusten, Schwertern, Pistolen, Bomben. Seit jeher schmachten junge Mädchen nach Liebe, ersehnen ihren weißen Ritter, lesen Kitschromane, kreischen in Pop-Konzerten ihren Idolen zu.

Da die romantische Musik - die 'holde Kunst' - sich besonders eignet, Gefühlswallungen zu beschreiben, handeln romantische Opern von Sehnsucht und Liebe und nicht von der Erfindung der Dampfmaschine oder dem Kampf um die Errichtung der parlamentarischen Demokratie.

In Erwartung eines schönen Erlebnisses fuhren 30 Mitglieder des RW-Verbandes Hannover ins kleine Theater Hildesheim und kehrten zufrieden mit dem Gesehenen und Gehörten zurück.

Ein heller Holzkasten mit gemaltem Prospekt im Hintergrund, Tatjanas Schlafzimmer abgeteilt durch eine Holzwand mit Fenster, das Duell im gemalten Birkenhain, der Festsaal mit Säulen und Kronleuchtern.

Die Kostüme wie das Bühnenbild auch von Philippe Miesch, machten aus den Damen eine Augenweide und bewiesen, was eine Theaterschneiderei leisten kann, wenn man sie denn lässt.

Das Orchester unter Achim Falkenhausen, der auch den engagiert singenden Chor leitet, spielte kammermusikalisch durchsichtig und erfreute mit feinen Soli.

An diesem Abend hieß das Stück mit Recht 'Eugen Onegin' und wir Hannoveraner waren stolz auf 'unseren' Albrecht Pöhl, der an der Musikhochschule studierte, hier seine ersten Konzerte sang, beim Festkonzert zum 'Hundertjährigen' dabei und jetzt der Mittelpunkt des Aufführung war.

Ein schöner Mann, elegant gekleidet, der sich gut bewegt - das Walzertanzen hakte ein wenig - mit gut verständlicher Diktion, wohlklingendem Bariton, der intelligent geführt wird und jetzt auch den Mut hat, wenn es gefordert wird, 'aufzumachen' und siehe da, es kommen auch prächtige, große Töne, ohne forciert zu sein.

Den Schluss, in dem die meisten Onegins missmutig verschwinden, gestaltete er zu einer packenden, verzweifelten Abrechnung eines vertanen Lebens. Bravo!

Tatjana und Olga, die Sentimentale und die Lebenslustige, sind in Gestalt von Antonia Radneva und Teresa Smolnik zwei elfengleiche Wesen, wie sie von heutigen Königssöhnen in Dänemark und England geheiratet werden - allerdings sind heute Elfen stahlhart.

Die Stimmen sind hübsch und sauber und glücklicherweise brauchen sie kein großes Haus zu füllen - für Tatjanas große Ausbrüche wünscht man sich doch mehr Volumen!

Larina, Christina Baader, ist eine attraktive Gutsherrin mit leuchtendem Mezzo. Bei Theresa Hoffmann, einer sympathischen Filipjewna lohnt es sich, über ihre Erzählung, dass sie noch als Kind in eine ungewollte Ehe gegeben wurde, nachzudenken. Sie singt mit angenehmer Altstimme, hat viel zu viele Falten ins Gesicht gemalt und sollte wie alle - außer Albrecht Pöhl - wesentlich besser sprechen. Konsonanten kosten nichts, geben den Tönen Struktur und die Zuhörer würden sich freuen, etwas von der deutschen Übersetzung des Librettos Tschaikowskis nach Puschkin zu verstehen.

Über Lenski möchte des Sängers Höflichkeit schweigen - nur soviel, dass Knödel auf den Teller und nicht in den Sängerhals gehören.

Levente György bemühte sich, ein würdiger Fürst Gremin zu sein, Jan Kristof Schliep brillierte in seinem Couplet und sang anrührend schlicht den Vorsänger der Bauern.

Ein schöner Opernabend, eine runde Leistung eines gut geführten kleinen Hauses und: Es geht auch ohne 'modischen' Müll auf der Bühne!

Also hinfahren, selbst erleben!

 

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