In diesem Monat trafen sich die Mitglieder des RWV Hannover zu Wagners Jour Fixe im Freizeitheim Lister Turm, sozusagen an einem historischen Ort. In diesen Räumen residierte die Musikhochschule, bevor sie an den Emmichplatz umzog. Thema des Abends war dann auch die Gesangsausbildung. Prof. em. Carol Richardson-Smith, Mitglied in unserem Richard Wagner-Verband hatte sich bereiterklärt, die Geheimnisse ihrer Lehrkunst etwas zu lüften und zu erklären, wie man "das Gold in der Kehle zum Leuchten bringt".
Beginnend mit der Grundfrage, ob Lautstärke und Stimmschönheit einander ausschließen müssen, führte sie ein in die Grundbegriffe von Tragfähigkeit, Stimmsitz, Kopf- und Bruststimme und Stütze. Schnell wird klar, warum Carol Richardson so eine begnadete Gesangslehrerin ist: Sie kann in bezaubernder Art komplexe Sachverhalte einfach und quasi zum Anfassen erklären. Dass die Konsonanten nicht aus dem Bauch kommen, konnten die Besucher sogar an sich selbst ertasten. Genauso wie der Unterschied zwischen Ein- und Ausatmungsmuskeln, der sofort mit der gesamten Zuhörerschaft ausprobiert wurde. Eindringlich wurde auch klar, warum Verspannungen im Körper, Kehlkopf sowie Hals und Kiefer unweigerlich harte Töne produzieren, die selten schön klingen. Mitmachen war also gefragt, und die Gäste hatten am Ende des Abends einiges gelernt über das Singen und ihre eigene Stimme.
Unterstützt wurde Prof. Richardson von ihrer Schülerin Julia Bachmann (Sopran), die - einfühlsam begleitet von Cara Hesse (Klavier) - zum Abschluss die Arie "Sì. mi chiamano Mimì" aus Giacomo Puccinis La Bohème eindrucksvoll vortrug. Und damit zugleich demonstrierte, wie durch Weichheit eine große Stimme entsteht und was Belcanto wirklich heißt.
Abschließend bleibt uns der Hinweis, dass auch in manchem Wagner viel Belcanto zu hören ist, wenn man sich nur die Partituren genau genug ansieht; und - wie die interessierten Teilnehmer des Abends jetzt wissen - wonach man schauen muss. Ein äußerst kurzweiliger Abend mit lang anhaltenden Diskussionen und spannenden Einblicken in die langjährigen Erfahrungen einer Gesangslehrerin, die viele unserer ehemaligen, hervorragenden Stipendiaten ausgebildet hat.
Thomas Winiarski