Was für ein Sommertag – einer der ersten in diesem Jahr! Die Sonne strahlte aus einem wolkenlosen Himmel, die Stipendiaten und der Vorstand überlegten bereits etwas besorgt, wie viele Mitglieder und Gäste ihre Gartenliege wohl tatsächlich gegen einen Stuhl im Kammermusiksaal der HMTMH eintauschen würden. Dann die Erleichterung: Es waren mindestens so viele neugierige und gutgelaunte Zuhörer wie immer – eine schöne Bestätigung für alle vorangegangenen Stipendiatenkonzerte der letzten Jahre!
V.l.n.r.: Inga Krause, Jia Jia, Anna Bineta Diouf, Marlene Gaßner, Martin Rainer Leipoldt, Mathias Tönges
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Der Nachmittag stand im Zeichen von Brahms, Bizet und natürlich Wagner. Gleich der Auftakt des Bass-Baritons Mathias Tönges mit Brahms' Lied „Keinen hat es noch gefreut, der das Ross bestiegen“ beeindruckte die Gäste so sehr, dass Tönges später um Autogramme gebeten wurde.
Der Tenor Martin Rainer Leipoldt sang zweimal vom Wetter: Die Szene des Steuermanns aus Der Fliegende Holländer „Mit Gewitter und Sturm aus fernem Meer" sowie die Szene des Siegmund aus der Walküre „Winterstürme wichen dem Wonnemond." Mit seinem kraftvollen und höhenstarken Tenor erfüllte er den Kammermusiksaal spielend mit Klang, was die Zuhörer ihm mit begeistertem Applaus dankten.
Inga Krause, angehende Musiklehrerin, zeigte, dass wir uns um die musikalische Bildung zukünftiger Schülergenerationen keine Sorgen mehr machen müssen: In ihrem gut vorbereiteten Vortrag fand sie zu Wagners Wesendonck-Liedern auch vor einem bereits gut informierten Publikum noch vieles Interessante zu sagen. Schon fast ein Gänsehaut-Moment entstand, als Inga Krause berichtete, warum die geborene Agnes Luckemeyer nach der Hochzeit mit Otto Wesendonck nicht nur dessen Nachnamen, sondern auch einen anderen Vornamen annahm: Sie ließ sich fortan beim Vornamen der verstorbenen ersten Ehefrau Wesendoncks rufen.
Die Mezzospranistinnen Anna Bineta Diouf und Marlene Gaßner präsentierten die Wesendonck-Lieder abwechselnd mit ihren ganz unterschiedlich gefärbtem Stimmen, die allerdingsdurch die Wärme ihres Klanges und präzise Textbehandlung gleichermaßen für sich einnahmen.
Marlene Gaßner liess das Programm frisch und gutgelaunt enden mit der Habanera-Arie aus Carmen, die ihr stimmlich bestens liegt. Da schlummert sicher eine dankbare Rolle für die junge Sängerin.
Bei jedem Stück am Klavier: Die Korrepetitorin Jia Jia, die zeigte, was Korrepetition leisten kann. Jia Jia gelingt das Meisterwerk, eine inspirierende Unterstützung für die Sänger zu sein und mit ihnen gemeinsam das Stück lebendig werden zu lassen.
Dem Schlussapplaus war deutlich anzuhören: Die sechs diesjährigen Stipendiaten sind innerhalb von zwei Stunden für die meisten Gäste und Mitglieder von unbekannten Gesichtern zu Publikumslieblingen geworden.
Ein toller Konzertnachmittag mit sechs jungen, vielversprechenden Musikern, die wir auch über 2015 hinaus im Auge behalten werden. Und was das Wetter betrifft - der Sommer fängt ja gerade erst an, Sonnentage wird es noch genug geben. Aber dieses Stipendiatenkonzert zu verpassen - das wäre wirklich schade gewesen.